hey hey my my
Out of the blue
and into the black
They give you this,
but you pay for that
And once you're gone,
you can never come back
When you're out of the blue
and into the black.
(Neil Young)




seemuse am 27.Dez 10  |  Permalink
ich bitte die künstlerinnen noch einmal vor den vorhang




im september vorigen jahres kam ein anruf:
du, der C. will ja eine katze, und ich weiß da jetzt ein pärchen...geschwister, mädchen, verwildert, sehr scheu aber so süss!

er nimmt sie bei sich auf, die halben portionen.
sie bleiben scheu. den ganzen winter hindurch.
sie bleiben in der wohnung, den ganzen winter hindurch.
sie haben keine ahnung vom katzenparadies, das auf der anderen seite der türe auf sie wartet.
sie schauen dich, wenn du C. besuchst, mit großem sicherheitsabstand neugierig an. sie lassen keine nähe, keine berührung zu.
nach vielen wochen schlafen sie bei C. auf der bettkante, solange er schläft. nach monaten darf er sie streicheln. und nur er darf das.
im sommer und herbst lernen sie den garten und die angrenzenden felder kennen..und lieben. und fühlen sich wohl.

und dann muß C.ins ausland. er vertraut mir "seine mädels" an. ich verspreche, für sie zu sorgen, auf sie aufzupassen. bis..

am morgen des 27.dez. liegt sie im nachbaracker.
kein schmutz am fell, keine verletztung, blütenweiß.
sie schläft. sie schläft nur! bitte, gott! sie schläft nur!!

der letzte vorhang für die künstlerin.

sie schläft. für immer.
und ein letztes servus, mit der musik, die dir deinen namen gab: http://www.youtube.com/watch?v=WDzpD_p1A8w

im garten ein flecken erde mit heißem wasser auftauen und ihr eine ruhestätte geben.
damit er sich von ihr verabschieden kann, wenn er wiederkommt. im märz.



ich. ich muß jetzt telefonieren....

sid am 27.Dez 10  |  Permalink
Oh, das tut mir leid. Das ist bitter, wenn man "Aufpaß"tiere beerdigen muß und dann noch Bescheid geben...

Aber eine ganz Süße war sie...
Gehen wir davon, daß sie einfach eingeschlafen ist, in einer zu kalten Nacht.

Ich drück Dich mal.

enzoo am 28.Dez 10  |  Permalink
vielleicht
erschrak sie - weil sie ja so ein scheues tier war - über die weite der welt zu tode.

vielleicht starb sie aus enttäuschung darüber, dass das sich nähernde licht doch nicht der stern von bethlehem war - sondern nur ein autoscheinwerfer.

vielleicht erfror sie trotz ihres dichten felles an der kälte der menschen, die sie bei ihrem weihnachtsspaziergang beobachtete.

vielleicht aber starb sie aus freude über die weite der welt, über der sie den stern von bethlehem zu sehen glaubte, der warmherzigen menschen bei ihrem weihnachtsspaziergang den weg leuchtete.

seemuse am 28.Dez 10  |  Permalink
frage
was ich mich frage ist: kann man wirklich von einem auto angefahren werden und dennoch derart unversehrt da liegen? da war wirklich nichts, garnichts, das auf einen unfall hindeutet. sie lag da, als hätte sie es sich auf dem roten teppich, auf dem sie und ihre schwester dereinst dieses malerische mahl aufbereitet haben, gemütlich gemacht hätte.
was ist passiert? wir werdens wohl nie erfahren.

sid am 28.Dez 10  |  Permalink
Ich verstehe schon, daß man wissen will, was passiert ist - aber leider ändert es das Resultat nicht.

Deswegen bevorzuge ich die Variante "eingeschlafen". Kurzes Nickerchen, weil die Welt um sie so schön aussah und leider nimmer aufgewacht.

tomm tiefer am 28.Dez 10  |  Permalink
meine großmutter hatte jüngst einen weiteren schlaganfall. ich habe sie einige male im krankenhaus besucht und mich in wahnsinnige gefilde vorgepirscht, wo nur noch ein paar restsynapsen einen körper am leben zu erhalten scheinen. das ist eine mischung aus trauer, schock und eigenartiger faszination über den merkwürdigen ausdruck von leben und tod und den welten dazwischen.

will sagen: ich habe mir jedes mal gewünscht, dass sie einfach einschläft. sich einfach hinlegt, den kampf sein lässt, loslässt, entspannt, zur ruhe kommt, ein paar mal tief atmet und davontreibt. tiere sind den meisten von uns um einiges vorraus. sie kämpfen nicht dermaßen gegen den tod an, dass sie dabei das leben vermeiden. sie leben, und wenn sich eine tür öffnet, dann gehen sie einfach hindurch. das ist ein gesunder, natürlicher rhythmus, im einklang mit dem sein. wir können einiges davon lernen. ein hoch auf die katze. möget ihr sie in liebevoller erinnerung behalten. möge sie in eurem herzen weiter leben.

sid am 28.Dez 10  |  Permalink
Loslassen - das ist wohl was, was der Mensch nur oft sehr schwer kann.

seemuse am 28.Dez 10  |  Permalink
danke ttom,
ich erinnere mich. als meine großmutter starb (damals "durfte" man noch zuhause sterben, im eigenen bett) da war die ganze familie versammelt. im sterbezimmer wachte eine tante. wenn die kinder und kindeskinder zu laut wurden kam sie raus und sagte: seid leise kinder. stört die mutter nicht auf ihrem gang zum herrgott, sie soll sich nicht mehr umdrehen auf ihrem letzten weg.
es war ein friedvolles loslassen.

tomm tiefer am 30.Dez 10  |  Permalink
ja gerne, und ich gebe den dank gleich zurück, weil diese kurze geschichte von deiner großmutter ist sehr schön. liegt viel weisheit darin.